Die „Abnehmspritze“ mit dem Wirkstoff Semaglutid war das ganze Jahr über im Gespräch. Er wirkt genauso wie das Darmhormon GLP‑1, indem er die Menge des freigesetzten Insulins nach einer Mahlzeit erhöht und so zur Kontrolle des Blutzuckerspiegels beiträgt. Außerdem verringert er den Appetit und verzögert die Magenentleerung. Dabei ging es in den Medien weniger um seinen Einsatz bei Typ-2-Diabetikern – für diese Indikation ist Semaglutid in Europa seit 2018 unter dem Medikamentennamen Ozempic zugelassen –, sondern vor allem um die Nutzung als „Lifestyle-Medikament“. Denn durch die sogenannte „Abnehmspritze“ ist Studien nach auch bei Nicht-Diabetikern eine durchschnittliche Gewichtsreduktion von etwa 15 Prozent des Ausgangsgewichtes möglich.
Allerdings wird bei dieser Zahl oft vergessen, dass es für diesen Erfolg nicht mit der Spritze allein getan ist: Notwendig ist parallel eine Basistherapie mit Ernährungs‑, Bewegungs‑, Verhaltensinterventionen. Und wer nicht unter Übergewicht leidet, sollte lieber keine allzu großen Hoffnungen hegen, denn es scheint, dass der Gewichtsverlust bei geringerem Körperfett stark nachlässt. Dazu kann wie jedes Medikament auch Semaglutid Nebenwirkungen haben, von noch nicht bekannten Langzeitfolgen ganz zu schweigen.
Der Medien-Hype hatte auch zur Folge, dass es in diesem Jahr durch Off-Label-Nutzung von Ozempic zu einem Lieferengpass gekommen ist. Auch Produktfälschungen waren auf dem Markt. Seit Anfang 2022 ist zwar ein anderes Semaglutid-Produkt mit der Indikation Adipositas zugelassen (Handelsname Wegovy), doch dieses war erst im Juli dieses Jahrs in Deutschland verfügbar.
Inzwischen hat Sematuglid sogar schon einen noch erfolgreicheren Nachfolger gefunden: Tirzepatid (Handelsname Mounjaro) ahmt die Wirkung gleich zweier Darmhormone nach, die das Sättigungsgefühl und den Zuckerstoffwechsel beeinflussen (GLP‑1 und GIP). Tirzepatid scheint Semaglutid bei der Gewichtsabnahme überlegen zu sein: Stark übergewichtige Diabetiker verloren nach zwölf Wochen einer einleitenden Diät und Umstellung ihrer Lebensweise mit einer Tirzepatid-Gabe über 72 Wochen rund 27 Prozent ihres Ausgangsgewichts. Tirzepatid ist seit September 2022 als Antidiabetikum zugelassen und der Zulassungsantrag für die Indikation Adipositas ist bereits gestellt.
Seine Pfunde im Schlaf zu verlieren ist zwar auch mit diesen Mitteln nicht möglich, aber eine bisher nicht dagewesene Unterstützung bieten sie allemal. Doch aufgepasst: nach wunderbarer Abnahme könnte auch eine fast so schnelle Wiederzunahme folgen. Denn wird die Spritze abgesetzt, ist auch nach Sematuglid, Tirzepatid & Co der Jojo-Effekt nicht weit…